Aktuelles

14.08.2025 / Allgemein

Verschollen geglaubtes Dokument Theatergeschichte wiederentdeckt

Michael Kliefert und Oliver Mörchel mit dem Originaldokument

Der reichen Rudolstädter Theatergeschichte können Chefdramaturg Michael Kliefert und Schauspieldramaturg Oliver Mörchel ein weiteres bedeutendes Kapitel hinzufügen. Sie haben im Weimarer Staatsarchiv das Originalmanuskript der Antrittsrede zur Eröffnung der ersten Gastspielsaison des Weimarer Hoftheaters 1794 in Rudolstadt wiederentdeckt. Am Anger war ein Jahr zuvor ein neues Komödienhaus eingeweiht worden, dort gastierte die Truppe für fast zehn Jahre im Sommer für mehrere Wochen. Entgegen früherer Annahmen ist der eigens für Rudolstadt geschriebene Prolog also nicht verloren gegangen und vor allem: Er stammt nicht, wie viele Historiker annahmen, vom Intendanten Goethe. Der Verfasser ist Christian August Vulpius, Goethes Schwager. Vulpius war Schriftsteller, Bibliothekar und als Librettist und Dramaturg Goethes rechte Hand am Hoftheater in Weimar. Der an das Publikum gerichtete Prolog beginnt so: »Wie sehnlich war der Wunsch, wie groß das Verlangen, uns hier bei Euch zu sehn! Und wirklich ist der Wunsch erfüllt, wir stehn mit froher Hoffnung hier, das Werk nicht ohne Beifall anzufangen!« Der in Versform geschriebene Text steht ganz in Tradition der damals üblichen Prologe und wurde vor der ersten Aufführung von einem Schauspieler auf der Rudolstädter Bühne vorgetragen.

Intensive Recherchen in Archiven und Bibliothek

Der Wiederentdeckung des Prologes gingen intensive Recherchen im Thüringer Staatsarchiv auf der Heidecksburg und in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar voraus. Letzte Klarheit gab ein Buch von 1893 über das Repertoire des Weimarer Theaters unter Goethes Leitung einschließlich der verfassten Theaterreden. Dort gab es den Vermerk, dass den Prolog für Rudolstadt Goethes Schwager verfasst hat. Ein Vergleich mit ähnlichen Schriften von Vulpius bestätigte diese Quelle. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass Goethe sowohl die Antritts- als auch die Abschiedsrede autorisiert hat.
Die jüngsten Recherchen zur Rudolstädter Theatergeschichte erfolgten vor dem Hintergrund der anstehenden Umbenennung in »Schiller-Theater Rudolstadt«. Michael Kliefert: »Ich habe mich in den letzten dreißig Jahren sehr intensiv mit Schillers Leben beschäftigt und vor Jahren den Vorschlag gemacht, unser umgebautes großes Haus in Schiller-Theater umzubenennen. Mir war wichtig, dass die Namensverleihung nicht nur Dekoration oder ein Marketing-Idee bleibt. Schiller war Rudolstadt nicht nur in Liebesdingen verbunden, sondern hat hier gemeinsam mit Goethe der Deutschen Klassik zum Durchbruch verholfen und das Niveau der Schauspielkunst immens verbessert.«

Historischer Prolog wird am Tag der offenen Tür gesprochen

Am Tag der offenen Tür am 6. September, am Vortag der feierlichen Namensweihe als »Schiller-Theater Rudolstadt«, wird der Prolog im neueröffneten Großen Haus von Schauspielern gesprochen, die Goethe und Schiller verkörpern. Für die neue Spielzeit wurde mit »Schiller und Goethe Hand in Hand« ein Format fürs Große Haus entwickelt, in dem Wissenswertes, einschließlich einiger neuer Aspekte über die Anfänge des Rudolstädter Komödienhauses präsentiert wird. Für Michael Kliefert und Oliver Mörchel die beste Einladung an das Publikum, sich auf Theater einzulassen mit all seinen Kuriositäten und Schätzen. Kurzum: Theater als ein Geschenk und als ein Auftrag zu sehen. Denn wie heißt es im wiederentdeckten Prolog: »Kommt ohne Vorurteil, empfänglich, frei und offen/zu uns, dann können wir/mit Zuversicht, das, was wir wünschen, hoffen.«


06.02.2025 / Allgemein

Probezeit: Klares Votum für drei junge Musiker

Isabel Ontiveros Vazquez, Veronika Pallach und Iulian Turicianu (Foto und Text: Cornelia Dunker)

Orchestermitglied auf Probe – für Veronika, Isabel und Iulian ist dieser Schwebezustand jetzt vorbei: Nach einem Dreivierteljahr haben die Deutsche, die Spanierin und der Rumäne jetzt eine feste Stelle bei den Thüringer Symphonikern Saalfeld-Rudolstadt. Veronika Pallach (27) spielt Klarinette und war vorher zwei Jahre lang Akademistin am Theater Erfurt. Isabel Ontiveros Vazquez (26) gehört zu den 2. Violinen und hatte eine Praktikumsstelle im Sinfonieorchester Münster und danach einen Zeitvertrag bei der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie in Schönebeck/Sachsen-Anhalt. Iulian Turicianu (35) spielt bei den 1. Violinen und kam aus London nach Rudolstadt. Mit seiner Leidenschaft für Barockmusik trat er dort nach einem Zweijahresvertrag beim Sinfonieorchester im dänischen Aarhus mit vielen verschiedenen Ensembles und Orchestern auf. Wie groß war bei den Musikern die Angst, die Probezeit nicht zu bestehen? Da sie nach drei und nach sechs Monaten bereits Feedback und Hinweise aus dem Orchester und den Instrumentengruppen erhalten hatten, waren sie vor der Abstimmung zwar aufgeregt, aber doch voller Hoffnung. Für die geheime und anonyme Abstimmung gibt es extra Stimmzettel und eine Wahlurne. Es gilt die absolute Mehrheit bzw. die Zweidrittelmehrheit in den Instrumentengruppen. Über das klare Votum freuen die jungen Musiker sich sehr. »Nach der Verkündung wurde lange geklatscht, und es gab viele Umarmungen«, sagt Veronika Pallach. Sie und ihre zwei Orchesterkollegen sind jetzt richtig angekommen in Rudolstadt. Sie leben in der Stadt und verbringen hier meist ihre Freizeit. Während Iulian gern wandert und Fahrrad fährt, schaut sich Isabel am liebsten romantische Serien an, und Veronika macht lange Spaziergänge und liest viel. Fehlt Iulian die Großstadt, fährt er nach Berlin oder Leipzig, und hat Isabel Sehnsucht nach ihrer Familie, fliegt sie nach Spanien.
Wenn sie auf ihre ersten Monate bei den Thüringer Symphonikern zurückblicken, bleiben bei ihnen einige Auftritte in besonderer Erinnerung. Bei Iulian ist es neben dem Open Air Konzert beim Rudolstadt-Festival im Schlosshof der Heidecksburg das Kirchenkonzert mit Mendelssohn Bartholdys 2. Sinfonie. »Das war ein schweres Programm für die 1. Geigen, ich musste viel üben, aber ich war danach sehr glücklich.« Musik von Prokofjew liebt er ebenso wie Isabel, sie freuen sich auf das 6. Sinfoniekonzert. Isabel denkt gern an die 1. Sinfonie von Mahler im 3. Sinfoniekonzert zurück: »Das war meine beste Woche.« Während Veronika das Weihnachtskonzert u.a. mit impressionistischer Musik von Ravel sehr gut gefallen hat und sie die Schlosskonzerte in Saalfeld wegen der herausragenden Akustik sehr mag. Alle drei schwärmen vom breit gefächerten Repertoire der Thüringer Symphoniker. Im Orchester spielen Musikerinnen und Musiker aus 15 Nationen. Die Ländernamen lesen sich wie eine Urlaubs-Wunschliste: Australien ist ebenso dabei wie Venezuela, Italien, Frankreich, Finnland und Japan. Diese Internationalität ist schön, sagen alle drei übereinstimmend: Sie musizieren zusammen, tauschen sich über Kultur und Essen aus und helfen sich im Alltag. Musik verbindet sie auf wunderbare Weise.


30.10.2024 / Allgemein

Neu im Ensemble: Schauspielerin Clara Sindel

(c)Anke Neugebauer
In »Einszweiundzwanzig vor dem Ende« (c)Anke Neugebauer
In »Kein schöner Land« (c)Anke Neugebauer

Wer bist Du?
Ich bin Clara Sindel, 28 Jahre alt und seit dieser Spielzeit neu im Schauspiel-Ensemble. Geboren bin ich in Stuttgart und aufgewachsen in Baden-Württemberg und in den USA.

Wie bist Du zum Theater Rudolstadt gekommen?
Ich habe über die Zentrale Arbeitsvermittlung für Künstler der Arbeitsagentur von der Stellenausschreibung des Theaters Rudolstadt erfahren und war hier zum Vorsprechen. Nach meinem Schauspiel-Studium an der Akademie für Darstellende Kunst Bayern in Regensburg und dem Masterabschluss Performing Arts mit dem Schwerpunk Schauspiel in Kopenhagen habe ich freischaffend in Berlin gearbeitet. Entstanden ist da u.a. ein Kurzfilm. Und ich habe eine Weiterbildung als Synchronsprecherin gemacht, aber für mich war klar: Ich möchte zum Theater.

Deine erste Premiere in Rudolstadt war der Volksliederabend »Kein schöner Land«, es folgte gerade die Komödie »Einszweiundzwanzig vor dem Ende« und auch im Kafka-Stück »Mein Körper ist zu lang« hast Du eine Rolle übernommen – wie erlebst Du das Ensemble, das Publikum und den Theaterbetrieb hier in Rudolstadt?
Das Ensemble ist sehr, sehr nett und ich fühle mich willkommen. Das Publikum habe ich bei »Einszweiundzwanzig vor dem Ende« und »Mein Körper ist zu lang« als offen und unerschrocken erlebt, es lässt sich auch überraschen. Und es ist offen im Kontakt, spricht uns Schauspieler an.

Im Sommer bist Du nach Rudolstadt gezogen – wie hast Du Dich eingelebt?
Zunächst war es ein Kulturschock, ich komme ja aus Berlin. Inzwischen habe ich mich ein wenig eingelebt, den Pub, das Programmkino und die Natur für mich entdeckt. Während ich in Berlin in einer WG gelebt habe, ist es jetzt eine eigene kleine Wohnung. Ich liebe es, allein zu sein, bin aber auch viel unterwegs. So fahre ich gern nach Jena.

Was findest Du besonders spannend am Schauspielberuf?
Er ist abwechslungsreich, jeder Abend ist anders, es wird Weniges schnell langweilig. Ich lerne nie aus, kann forschen auf künstlerische Art und Weise und mich mit anderen Menschen austauschen. Und politisch gesehen hat Theater Reichweite.

Komödie oder Tragödie?
Jede Tragödie braucht Komödie und jede Komödie braucht Tragödie.

In welchen anderen Theaterbereich würdest Du gern mal reinschnuppern?
Regie und Dramaturgie interessieren mich sehr, wie auch das Bühnenbild. Den Malsaal würde ich gern einmal besuchen.

Wie würden Dich Deine Kolleginnen und Kollegen beschreiben?
Ich bin ja noch neu hier… Als lebensfroh, motiviert und mit einer gewissen Neugier ausgestattet.

Wie verbringst Du Deine Freizeit?
Ich bin sehr kreativ, male mit Öl- und Acrylfarben auf Leinwand, manchmal versuche ich mich auch an Ton-Skulpturen. Bildende Kunst begeistert mich, ich wollte mich sogar mal an einer Kunstakademie bewerben. Ich spiele Klarinette und Klavier, in meine Wohnung ist ein E-Piano mit eingezogen. Und ich gehe gern ins Theater, in Berlin vor allem in die Volksbühne und ins Maxim Gorki Theater.

Du hast drei Wünsche frei – wie im Märchen…
Dann würde ich gern in einem antiken Stück die Hauptrolle spielen, die Medea zum Beispiel. Und es schaffen, einen eigenen, langen Regie-Abend auf die Bühne zu bringen. Außerdem würde ich sehr, sehr gern hier am Theater Rudolstadt ein modernes Stück inszenieren, etwa von Elfriede Jelinek, Heiner Müller oder Werner Schwab. Ich habe mich in der Vergangenheit schon an solche Stücke bzw. Textflächen gewagt und fände es sehr spannend zu erleben, wie das bei unserem Publikum ankommt.

Das Interview führte Cornelia Dunker.